Dienstag, 7. April 2015

Giftköder - Wenn Hunde zu Hundernissen werden

Tot. Vergiftet. Qualvoll gestorben.
Es vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht über Giftköder in unserer Gegend und erst recht deutschlandweit gepostet würde. Und es vergeht kein Tag, an dem sich Hundehalter nicht über andere Hundehalter echauffieren würden. Der Bedarf an Aufklärung wächst genauso wie die Angst um unsere Tiere.

Das Profil des typischen Giftköderauslegers


"Wer macht sowas?" Diese Ausrufe hallen immer wieder durch das Netz. Oft sind sie rein rhetorisch, ein Ausdruck der Unfassbarkeit. Doch wer macht sowas tatsächlich? Kann man ein Profil eines solchen Giftköderbastlers und -auslegers erstellen? Ja, man kann.

So können Giftköder mit Nägeln aussehen...
Ich bin zwar kein Profiler. Aber mit ein wenig Menschenkenntnis bekommen wir doch ein brauchbares Bild dieser Leute. Stellen wir uns mal vor, wie ein solcher Täter vorgehen muss. Er kauft im Supermarkt gezielt eine Fleischwurst. Oder Frikadellenbällchen. Daheim zerschneidet er Nägel klein, alternativ zerbricht er Stecknadeln. Oder kauft zusätzlich Rattengift. Die Nägelteilchen / die Stecknägel steckt er sorgfältig in die vorher vorbereiteten Fleischwurststücke. Oder er macht ein kleines Loch in die Frikadellen und stopft sie anschließend mit dem Rattengift aus. Dann geht mit diesen präparierten Futterstücken nach draußen an die Stellen, wo er häufig Hunde gesehen haben muss. Am sichersten wird er das in der Nacht tun, um die Möglichkeit dabei erwischt zu werden so klein wie möglich zu halten. Und wirft schließlich die Futterstücke irgendwo ins Gebüsch oder auf den Rasen.

...und so mit Rattengift.
Könnte es ein völlig normaler Mann sein, der sich schlichtweg bereits mehrfach darüber geärgert hat, dass Hunde überall Hundehaufen hinterlassen? Sicherlich nicht. Ein normaler Mann wird weder auf die Idee kommen, so vorzugehen. Noch wird er das als angemessen ansehen, um seinem Ärger Luft zu machen. Oder die Mutter, die sich schon mehrmals darüber echauffierte, dass unangeleinte Hunde angelaufen kommen und ihre Kinder erschrecken? Wohl kaum. Um so vorzugehen wie oben beschrieben bedarf es mehrerer Voraussetzungen. Um Hunde bewusst töten zu wollen und all diese Schritte zu tun, bedarf es einer hohen negativen Empfindung. Ärger reicht hier nicht aus. Es muss schon eine Portion Hass auf diese Tiere oder deren Halter empfunden werden, um so zu handeln. Aber nicht einmal Hass reicht dazu aus. Wir empfinden im Verlaufe unseres Lebens durchaus schon mal Hassgefühle. Ohne dabei ernsthaft ans Töten zu denken. Allein unser Unrechtsbewusstsein hindert uns daran, ein höheres Wesen töten zu wollen. Eine generelle Achtung vor dem Leben. Daher muss die Person ein geringeres Unrechtsbewusstsein haben und die Unangemessenheit ihrer Handlung verkennen. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass eine glückliche, sozial verankerte Person solche Gedanken nicht hegen wird. Dafür sind diese Gedanken zu asozial und ungesund. Und ein angesehener Bürger ebenfalls nicht, denn er geht damit die unangemessene Gefahr der sozialen Isolation und Ächtung ein. Sowie vorbestraft zu werden, falls er überführt wird. Die Täter haben ja keinen direkten Vorteil, wenn Hunde durch die Tat sterben. Sie sind meistens nicht dabei, wenn die Giftköder aufgenommen werden. Noch können sie bestimmen, welcher Hund an dem Giftköder verendet.

Der Marburger Persönlichkeitspsychologe Professor Gerhard Stemmler, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, schätzt in einem Artikel der Leipziger Volkszeitung, dass es sich mehrheitlich um Menschen handelt, die die richtigen Mechanismen zur Lösung von Problemsituationen nicht gelernt hätten. Sie fühlten sich durch die Hunde und Hundebesitzer benachteiligt und in ihrer Freiheit - das kann durchaus berechtigt sein - eingeschränkt, könnten aber mit dieser Einschränkung nicht umgehen. In einer direkten Auseinandersetzung fühlten sie sich unterlegen.

Für mich erklärt das dennoch nicht den drastischen Schritt der Giftköderstreuung. Immerhin konstatiert Stemmler, dass die Täter "unmoralisch und [...] auch sadistisch" vorgingen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es Menschen mit gestörtem Rechtsempfinden, gestörter sozialer Verankerung und verkümmerter Empathie sind.

Wir haben es also, so meine Vermutung, in der Mehrzahl mit Mitbürgern zu tun, die grundsätzlich unzufriedenen bis unglücklich mit ihrem Leben sind, sozial schlecht verankert und vermutlich allein wenn nicht gar einsam leben. Sie bringen nicht genügend Empathie auf, um nachfühlen zu können, was sie anrichten. Sie werden vermutlich keine Kinder und keine Enkel um sich haben. Auch von anderen Tieren werden sie in der Regel nicht umgeben sein. Es sind Sonderlinge. Bedauernswerte Menschen.

Von diesem Profil können die Täter deutlich abweichen, die ihre Aktion gezielt gegen bestimmte Besitzer und Hunde richtet, indem sie z.B. das Futter auf deren Grundstück/Garten platzieren. Solche Täter haben andere Motive und ein direktes Interesse und (vermeintliche) persönliche Vorteile, wenn die Nachbarshunde sterben. Ein noch anderes Profil besitzen wiederum Tierquäler. Diese sind oft jung und die Taten haben dieselbe Motivation wie Gewalt gegen andere Jugendliche: Profilierungsdrang, Gruppendynamik, eine niedrige Schwelle zur Gewalt; und manchmal auch "Spaß" an der Grausamkeit und somit geistige Unreife, pure Dummheit und Gedankenlosigkeit.


Prävention - wie können Sie Ihren Hund schützen


Sicherlich trägt rücksichtsloses Benehmen von Hundehaltern dazu bei, dass viele Menschen ihnen und ihren Hunden skeptisch oder gar ablehnend gegenüber stehen. Dabei bedarf es nur weniger Regeln und ein wenig Toleranz und Wohlwollens,
damit das Miteinander sowohl mit anderen Hundehaltern als auch mit Menschen ohne Hunde weitestgehend reibungslos und ohne größere Ärgernisse klappt.
Es lohnt sich immer, sich dafür einzusetzen, dass Hunde gut erzogen werden und Hundehalter wissen, wie sie sich optimal verhalten. Eine Initiative in diese Richtung ist zum Beispiel "Projekt Wohlerzogen", welche Haundehalter aufklärt und sich dafür einsetzt, dass diese
  • Hunde zu sich rufen, wenn sich Kinder nähern,
  • Hunde anleinen oder zuverlässig bei sich laufen lassen, wenn sich andere Hunde an der Leine nähern,
  • Hunde nur dann freilaufen lassen, wenn diese gut abrufbar sind,
  • Hundehaufen aufsammeln,
  • freundlich sind und sich im Falle eines Falles entschuldigen.
Bereits mit diesem Mindestsatz an Regeln wäre schon vielen Mitmenschen geholfen. Um flächendeckend alle Hundehalter zu erreichen und aufzuklären wäre jedoch eine deutschlandweite Hundeführerscheinpflicht sinnvoll.

Ein Trugschluss wäre zu glauben, dass dadurch die Anzahl der Giftköder signifikant zurückginge. Wie oben beschrieben, hat die Motivation dieser Menschen wenig mit dem schlechtem Verhalten von Hund und Halter zu tun. Der Hundehasser findet stets genügend Gründe, um Hunde töten zu wollen: Haare im Aufzug, bepinkelter Rasen auf der Siedlung, Bellgeräusche im Treppenhaus, Tapsen im Hausflur wenn es geregnet hat. Das entbehrt in den meisten Fällen jeglicher sachlicher Nachvollziehbarkeit. Ein solcher Hass auf Hunde entbehrt allgemein jeglicher Nachvollziehbarkeit.

Das Logo von GiftköderRadar.
So bleibt dem Hundehalter nichts anders übrig, als sich zu informieren und so weit wie möglich vorzubeugen. Informieren kann man sich im Internet beim GiftköderRadar. Diese Seite informiert darüber, wo Giftköder auslegt worden sind, so dass die betroffenen Gebiete entweder temporär gemieden werden können und mit besonderer Vorsicht begangen werden. Solche Radare gibt es bei Facebook übrigens auch gebietsbezogen; sie können über die Facebook-Suche nach Giftköderradar leicht gefunden werden.



Dieser Plastikmaulkorb bietet
einen sehr guten Schutz vor der
Aufnahme von Giftködern.
Man kann allerdings auch unabhängig von solchen Giftködermeldungen Managementmaßnahmen ergreifen, damit es zu keiner Vergiftung oder Verletzung innerer Organe durch Metallstifte und Rasierklingen kommen kann. Am sichersten ist die Verwendung von Maulkörben. Dabei sollten solche Maulkörbe verwendet werden, welche die Aufnahme von Futterstückchen unmöglich machen. Bestens geeignet dafür sind zum Beispiel die dichten Plastikmaulkörbe von Fressnapf. Ungeeignet sind Ledermaulkörbe mit zu großen Streifenabständen. Besonders ungeeignet sind Maulschlaufen aus Nylon. Sie sehen zwar schön und recht harmlos aus, sind aber nicht funktional. Wenn man diese so fest anbringt, dass der Hund nichts mehr aufnehmen kann, ist es durch das direkte enge aufliegen der Maulschlaufe nicht nur unangenehm für den Hund sondern bereits bei kürzeren Spaziergängen eine Qual für den Vierbeiner, weil er so nicht mehr hecheln kann. Lockert man dagegen die Schlaufe, damit der Hund hecheln kann, ist der Schutz vor unerwünschten Futteraufnahmen nicht mehr gegeben.

Als Schutz vor Giftködern gänzlich
ungeeignet: der schön ausseh-
ende Nylon-Maulkorb
Bevor ein Maulkorb überhaupt verwendet werden kann, ist eine Maulkorbgewöhnung notwendig. Andernfalls versuchen viele Hunde das unbekannte Teil abzuziehen, an Wänden und am Boden abzuschaben oder wegzudrücken, was zu üblen Verletzungen an den Krallen und am Kopf des Hundes führen kann. Eine solche Gewöhnung ist nicht damit getan, wie oft in Internettipps zu lesen ist, dass man einige Male Leckerlis in den Maulkorb legt und diesen anschließend dem Hund überstülpt. Eine gute Maulkorbgewöhnung dauert mehrere Tage und wird durch Zuwendung und freudige Aktionen mit dem Hund während der Tragezeit begleitet und einer kurzen Zeit der Ignoranz des Hundes vor und nach dieser Tragezeit. Am besten lassen sich Hundehalter durch einen kompetenten Trainer bei der Maulkorbgewöhnung anleiten und begleiten. Er wird am besten abschätzen können, ob der jeweilige Hund eine kurze oder eine längere Gewöhnungszeit benötigt und vermeidet Fehler, die im Nachhinein schwer zu korrigieren sind.

Verständlicherweise mögen viele Hundebesitzer nicht ausschließlich mit dem Hund mit einem Maulkorb auszugehen. Auch wenn ein gut sitzender, richtig angewöhnter Maulkorb fast gar keine Einschränkung der Lebensqualität für den Hund bedeutet, ist ein lebenslanges Tragen eines solchen aufgrund der Giftködergefahr während der Spaziergänge für uns Menschen eine nur schwer hinnehmbare Praxis. So bleibt als Alternative nur eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Menschen während der Gassirunden sowie Training.

Stabiler Maulkorb mit gutem Beiß-
schutz und Nasenpolster. Leider
ohne Stiernriemen. Ungeeignet
für den Schutz vor Giftködern.
Leichter angenehmer Ledermaulkorb.
Leider weder als Beißschutz absolut si- cher noch als Schutz gegen Giftköder. Für leichte Aggressionsfälle oder für den Einsatz im Nahverkehr geeignet.
Sehr beliebt und stabil: der Baskerville-Maulkorb. Leider ebenfalls mit zu großen Abständen für einen effektiven Schutz vor  Giftködern.
Um es vorwegzunehmen: eine hundertprozentige Sicherheit durch Antigiftködertraining werden Sie nicht erreichen. Je nach Hund und seinen bisherigen Gewohnheiten können durch ein solches Training jedoch sehr gute aber auch lediglich unzureichende Ergebnisse erzielt werden. Insbesondere Hunde, die bisher gewohnt waren, Unrat zu suchen und aufzunehmen, vor allem die typischen Straßenhunde, können dadurch nur unzureichend trainiert werden. Sie haben bereits Erfolg beim Schnüffeln und Restfutteraufnahme wiederholt erlebt. Sobald man sie kurz aus den Augen lässt, im Gebüsch, in Hecken, hinter Parkbänken, beim Freilauf im Wald ist die Gefahr groß, dass sie gefundenes Futter trotz Trainings aufnehmen werden. Um solche Hunde möglichst zuverlässig daran zu gewöhnen, solches Futter anzuzeigen anstatt es aufzunehmen, bedürfte es langwierigen Trainings wenn nicht gar des Einsatzes von Strafgeräten und somit Kosten und Nachteile, die in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen der an sich relativ geringen Gefahr einer Giftköderaufnahme stünden. Sehr gute Ergebnisse können dagegen bei Welpen und noch jungen Hunden erzielt werden sowie Hunden, die eher vorsichtig sind und gerne in Menschennähe bleiben. Genau genommen wäre beim Training zu unterscheiden, ob es sich um ein Futteranzeigetraining handelt, bei welchem der Hund gefundene Futterstücke anzeigt und von seinem Besitzer vor der Aufnahme verbal gestoppt werden kann oder um tatsächliches Antigiftködertraining, bei dem eine gezielte Sensibilisierung der Hunde auf bestimmte, häufig verwendete Giftgerüche und Todesfallen stattfindet, so dass diese dann mit hoher Wahrscheinlichkeit von Hunden gemieden werden.

Solche Kurse werden vielerorts angeboten: in Berlin, in Köln, in Wolfsburg bei Vanessa Engelstädter, in Stuttgart bei Natalie Bornemann.

Obwohl eine absolute Sicherheit durch das Futteranzeigetraining und das Antigiftködertraining nicht erreicht werden kann, können diese Trainingsmaßnahmen oft genug das Leben unserer Lieblinge auf vier Beinen retten. Wem ein solches Training zu ineffizient erscheint, der sollte zumindest in der Lage sein, seine Hunde gut abzurufen, um unerwünschte Aufnahmen zu verhindern. Und bestenfalls auch größere Futterstücke ausgeben zu lassen, die der eigene Hunde bereits ins Maul genommen hat. Solche Vorgänge können trainiert werden. Ungeeignet in solchen Fällen ist sowohl ein panisches als auch ein gezieltes Anschreien seines Hundes: er wird den Abstand zu seinem Besitzer in der Regel vergrößern und das Futterstück noch schneller verschlingen. Dadurch lernt er ein zu dem gewünschten völlig konträres Verhalten. Trainiert wird mit unbedenklichen Futterstücken. Dabei wird der Hund bei der Ausgabe mit noch attraktiveren Leckerlis belohnt. Es lohnt sich für ihn somit stets, das gefundene Stück auszugeben. Ist man auf einem Spaziergang und hat kein besonderes Leckerli zur Hand, so erhält der Hund das gefundene Stück nach genauerer Begutachtung und Feststellung der Unbedenklichkeit zumindest zurück. In den Fällen, in denen das nicht möglich ist (mein Hund hat einmal eine ganze ungeöffnete große Tafel (200g) Milka-Schokolade gefunden), kann man ihm lediglich ein kleines Stückchen reichen und/oder anderweitig belohnen: durch Lob, eine Streicheleinheit oder Spiel, je nachdem was für ihn besonders hochwertig ist.

Verhalten im Notfall


Dass der eigene Hund betroffen ist, erkennt man in der Regel als Hundebesitzer sehr schnell. Nach der Aufnahme von Stift- oder Rasierklingenködern bluten die Hunde im Maul. Nach Giftködern verhalten sie sich entsprechend: zunächst vermehrtes Speicheln, Hecheln, Unruhe. Dann erbrechen, Durchfall, oft mit Blut vermengt, Muskelzucken, Atemnot, Krämpfe.

Bei Metallködern muss sofort ein Nottierarzt aufgesucht werden. Hier hilft leider nur eine Not-Operation, wobei auch im Erfolgsfall die Tiere kaum weiter wie bisher, also ohne Dauerschäden, leben können.

Bei Giftködern streiten sich die Geister: oft wird dringend davon abgeraten, den Hund selber zum Erbrechen zu bringen. Der Mageninhalt sei giftig. Es drohe außerdem Erstickungsgefahr. Andere Quellen empfehlen, so auch Dr. med. vet. Erich Ernst in seinem Buch "Hundekrankheiten", den Brechreiz durch Salz im warmen oder Senf im kalten Wasser auszulösen, sofern man nicht schnell genug zum Nottierarzt kommen kann und der Hund noch bei Kräften ist. Finger-in-den-Hals wie bei uns Menschen funktioniert bei Hunden nicht. Bei Notarzt wird der Brechreiz ausgelöst. Ist es dafür schon zu spät (nach einer Stunde ist das bereits der Fall), erfolgt eine Magen- und Darmspülung.

Als Gift kommen oft typische Rattengifte in Frage: ANTU, Kumarin, Strychnin und Thallium. Speziell bei Kumarin kann die Wirkung erst nach mehreren Tagen auftreten, damit Ratten, gewarnt durch einen schnellen Tod von Artgenossen, die Aufnahme des Giftes nicht verweigern und dieses somit effektiv eingesetzt werden kann. Gut für die Rattenbekämpfung, fatal jedoch für unsere Haustiere.

Sinnvoll ist es, genauso wie man Notrufnummern für uns Menschen ablegt, entsprechende Notrufnummern für die Hunde samt Adressen im Telefon und Handy zu speichern und ebenfalls irgendwo jederzeit griffbereit abzulegen. Lieber zwei als eine, denn nach Jahren, die bis zum Notfall vergehen können, kann eine Klinik/Praxis temporär oder dauerhaft geschlossen haben. Die entsprechenden Kontakte finden Sie für Ihren Ort recht schnell im Internet. Haben Sie solche Nummer bereits abgespeichert? Wenn nicht: tun Sie es jetzt! Im Notfall kostet die Suche wertvolle Minuten, die über Leben, Tod und die Schwere der Schädigung entscheiden können.

Erst dann sollten Sie an die anderen denken. Und eine Meldung zunächst bei Giftköderradar global und lokal vornehmen, einen Aushang an der möglichen Aufnahmestelle machen sowie eine Anzeige bei der Polizei machen.

Tipp: Über die Suchfunktion unter http://www.tierklinik.de/notdienstsuche kann ein Standort eingegeben und nach Notdiensten in der eigenen Umgebung gesucht werden. Es ist sinnvoll, diesen Link im Smartphone zu speichern, falls Sie mal einen Notfalldienst benötigen, wenn sie außerhalb Ihres Wohnorts unterwegs sind.

Eine Checkliste:

         Nach der Feststellung einer Aufnahme
  1. Keine Panik. Auch Ihrem Hund schadet nun jegliche Aufregung.
  2. Sofort den Notarzt anrufen und feststellen, ob die Klinik geöffnet ist.
  3. Stelle sichern, Reste aufnehmen, damit kein weiteres Tier geschädigt wird.
  4. Alles mitnehmen, was dem Arzt helfen kann: Giftverpackung, Giftreste.
  5. Hund ggf., falls (a) es sich vermutlich um eine Giftaufnahme handelt,  (b) der Weg weit ist und (c) er noch bei Kräften ist, zum Erbrechen durch im Wasser aufgelöste Salz oder Senf bringen.
  6. Auf keinen Fall Maulschlaufe anlegen (Erstickungsgefahr beim Erbrechen) oder dem Hund erbrechen- oder durchfallhemmende Mittel verabreichen.

    Nach dem Klinikaufenthalt
     
  7. Giftköderradar sowohl global als auch lokal informieren.
  8. Aushang in der Gegend machen, um andere zu warnen.
  9. Anzeige gegen Unbekannt erstatten.


Gesetzliche Lage

 

Wenn an einem Ort jemand spezifisch gegen Tiere vorgehen will und Köder verteilt, kann jede Anzeige helfen, denjenigen aufzuspüren. Die folgenden Gesetze kommen dabei zur Geltung, wie mich Susan Beaucamp, Rechtsanwältin/Tieranwältin der Kanzlei S. Beaucamp umfassend informierte.

Wenn ein Hund von einem Giftköder frisst und entweder daran verstirbt oder schwere Verletzungen erleidet, gilt das vor dem Gesetz als Sachbeschädigung, § 303 StGB, denn auf Tiere sind gemäß § 90 a BGB die Vorschriften von Sachen anzuwenden. Zum anderen greift aber ebenfalls § 17 TierSchG, Tierquälerei.

Das Strafmaß von § 303 StGB reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Das Strafmaß von § 17 TierSchG reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.


Aber auch das bloße Auslegen von Giftködern steht unter Strafrecht, es gilt als "versuchte" Sachbeschädigung  nach § 303 III StGB. In einem versuchten Fall ist die Strafe allerdings nach §§ 23, 49 StGB zu mildern. Hier tritt daher anstelle von einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren eine solche von sechs Monaten. Ebenso darf eine geringe Freiheitsstrafe durch eine Geldstrafe und die entsprechenden Tagessätze, die bei einer vollendeten Tat zuträfen ebenfalls bei einem Versuch um ein vielfaches gemildert werden.

Es bestehen strenge Bestimmungen, wann wie und wo Gift ausgelegt werden darf. Wenn Rattengift oder andere schädliche Substanzen zur Bekämpfung von Ungeziefer ausgelegt werden müssen, besteht eine Bekanntmachungspflicht gem. des Infektionsschutzgesetzes, in Verbindung mit den Verordnungen der Länder. Es gilt daher, direkt wenn ein Giftköder gefunden wurde, diesen bei der Polizei zu melden, auch wenn daraufhin nicht unbedingt eine Strafe folgt. Damit jeder Fall registriert und überprüft werden kann, ob gegen die Bestimmungen verstoßen wurde.

Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass auch unbedachte Kommentare in Foren und auf sozialen Plattformen wie "Den sollte man auch vergiften" oder "Fangt ihn, verbrennt ihn" von der Kriminalpolizei als Aufrufe zur Straftaten verfolgt und geahndet werden können. So ermittelte z.B. die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen etwa einhundert Unbekannte, weil sie zu einer solchen Straftat gegen einen offenbar psychisch kranken Tierquäler im Internet aufgerufen haben sollen.

Zum Schluss noch etwas Statistik. Die Quote der Anzeigen im Laufe der Jahre ist gestiegen. Daraufhin wurde 1998 das Höchststrafmaß von § 17 TierSchG von zwei auf drei Jahre erhöht. Allerdings wurden beispielsweise 2010 920 Fälle von Tierquälerei abgeurteilt, davon nur 698 Fälle verurteilt. Davon wiederum wurden 624 Fälle mit einer Geldstrafe abgebüßt und nur 50 Freiheitsstrafen ausgesprochen. Davon gerade einmal 3 nicht zur Bewährung ausgesetzt.

Es ist meist unmöglich die Täter zu fassen, da in der Regel, anders als bei den beiden obigen Fällen, niemand weiß, wer genau die Tiere geschädigt oder die Giftköder auslegt hat. In seltenen Fällen wird aber mehr als eine Geldstrafe ausgesprochen.

In einem Fall des Amtsgerichts Dillingen von 2006 hat ein 68 jähriger Mann den Hund seiner Nachbarin mit vergifteten Ködern gefüttert, welcher zwei Tage später qualvoll an inneren Blutungen verendete. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Sachbeschädigung und Tierquälerei. Der Mann wurde zu einer Geldstrafe von 6.000 € verurteilt.

Das Amtsgericht Betzdorf verurteilte einen jungen Mann, der einen Welpen aus falsch verstandenem Spaß mehrmals schlug, während dieser schrie, und dies als Video aufnahm, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, Nötigung und Bedrohung zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe. Der drogenabhängige Mann darf fünf Jahre lang keine Tiere halten und muss außerdem einen Entzug machen.

Deshalb ist es wichtig, dass jeder Fall angezeigt wird.

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Ich bedanke mich für die Unterstützung bei der Arbeit an diesem Artikel bei Natalie Bornemann, die in Ihrer Hundeschule "Top als Team" Antigiftköderkurse in Stuttgart anbietet sowie bei Frau Susan Beaucamp, Rechtsanwältin/Tieranwältin, die mit Ihrer Arbeit auch Hundetrainer in Sachen "Erlaubnis nach §11" unterstützt.

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