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Tot. Vergiftet. Qualvoll gestorben. |
Das Profil des typischen Giftköderauslegers
"Wer macht sowas?" Diese Ausrufe hallen immer wieder durch das Netz. Oft sind sie rein rhetorisch, ein Ausdruck der Unfassbarkeit. Doch wer macht sowas tatsächlich? Kann man ein Profil eines solchen Giftköderbastlers und -auslegers erstellen? Ja, man kann.
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So können Giftköder mit Nägeln aussehen... |
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...und so mit Rattengift. |
Der Marburger Persönlichkeitspsychologe Professor Gerhard Stemmler, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, schätzt in einem Artikel der Leipziger Volkszeitung, dass es sich mehrheitlich um Menschen handelt, die die richtigen Mechanismen zur Lösung von Problemsituationen nicht gelernt hätten. Sie fühlten sich durch die Hunde und Hundebesitzer benachteiligt und in ihrer Freiheit - das kann durchaus berechtigt sein - eingeschränkt, könnten aber mit dieser Einschränkung nicht umgehen. In einer direkten Auseinandersetzung fühlten sie sich unterlegen.

Wir haben es also, so meine Vermutung, in der Mehrzahl mit Mitbürgern zu tun, die grundsätzlich unzufriedenen bis unglücklich mit ihrem Leben sind, sozial schlecht verankert und vermutlich allein wenn nicht gar einsam leben. Sie bringen nicht genügend Empathie auf, um nachfühlen zu können, was sie anrichten. Sie werden vermutlich keine Kinder und keine Enkel um sich haben. Auch von anderen Tieren werden sie in der Regel nicht umgeben sein. Es sind Sonderlinge. Bedauernswerte Menschen.
Von diesem Profil können die Täter deutlich abweichen, die ihre Aktion gezielt gegen bestimmte Besitzer und Hunde richtet, indem sie z.B. das Futter auf deren Grundstück/Garten platzieren. Solche Täter haben andere Motive und ein direktes Interesse und (vermeintliche) persönliche Vorteile, wenn die Nachbarshunde sterben. Ein noch anderes Profil besitzen wiederum Tierquäler. Diese sind oft jung und die Taten haben dieselbe Motivation wie Gewalt gegen andere Jugendliche: Profilierungsdrang, Gruppendynamik, eine niedrige Schwelle zur Gewalt; und manchmal auch "Spaß" an der Grausamkeit und somit geistige Unreife, pure Dummheit und Gedankenlosigkeit.
Prävention - wie können Sie Ihren Hund schützen
Sicherlich trägt rücksichtsloses Benehmen von Hundehaltern dazu bei, dass viele Menschen ihnen und ihren Hunden skeptisch oder gar ablehnend gegenüber stehen. Dabei bedarf es nur weniger Regeln und ein wenig Toleranz und Wohlwollens, damit das Miteinander sowohl mit anderen Hundehaltern als auch mit Menschen ohne Hunde weitestgehend reibungslos und ohne größere Ärgernisse klappt.
Es lohnt sich immer, sich dafür einzusetzen, dass Hunde gut erzogen werden und Hundehalter wissen, wie sie sich optimal verhalten. Eine Initiative in diese Richtung ist zum Beispiel "Projekt Wohlerzogen", welche Haundehalter aufklärt und sich dafür einsetzt, dass diese
- Hunde zu sich rufen, wenn sich Kinder nähern,
- Hunde anleinen oder zuverlässig bei sich laufen lassen, wenn sich andere Hunde an der Leine nähern,
- Hunde nur dann freilaufen lassen, wenn diese gut abrufbar sind,
- Hundehaufen aufsammeln,
- freundlich sind und sich im Falle eines Falles entschuldigen.
Ein Trugschluss wäre zu glauben, dass dadurch die Anzahl der Giftköder signifikant zurückginge. Wie oben beschrieben, hat die Motivation dieser Menschen wenig mit dem schlechtem Verhalten von Hund und Halter zu tun. Der Hundehasser findet stets genügend Gründe, um Hunde töten zu wollen: Haare im Aufzug, bepinkelter Rasen auf der Siedlung, Bellgeräusche im Treppenhaus, Tapsen im Hausflur wenn es geregnet hat. Das entbehrt in den meisten Fällen jeglicher sachlicher Nachvollziehbarkeit. Ein solcher Hass auf Hunde entbehrt allgemein jeglicher Nachvollziehbarkeit.
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Das Logo von GiftköderRadar. |
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Dieser Plastikmaulkorb bietet einen sehr guten Schutz vor der Aufnahme von Giftködern. |
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Als Schutz vor Giftködern gänzlich ungeeignet: der schön ausseh- ende Nylon-Maulkorb |
Verständlicherweise mögen viele Hundebesitzer nicht ausschließlich mit dem Hund mit einem Maulkorb auszugehen. Auch wenn ein gut sitzender, richtig angewöhnter Maulkorb fast gar keine Einschränkung der Lebensqualität für den Hund bedeutet, ist ein lebenslanges Tragen eines solchen aufgrund der Giftködergefahr während der Spaziergänge für uns Menschen eine nur schwer hinnehmbare Praxis. So bleibt als Alternative nur eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Menschen während der Gassirunden sowie Training.
Solche Kurse werden vielerorts angeboten: in Berlin, in Köln, in Wolfsburg bei Vanessa Engelstädter, in Stuttgart bei Natalie Bornemann.
Obwohl eine absolute Sicherheit durch das Futteranzeigetraining und das Antigiftködertraining nicht erreicht werden kann, können diese Trainingsmaßnahmen oft genug das Leben unserer Lieblinge auf vier Beinen retten. Wem ein solches Training zu ineffizient erscheint, der sollte zumindest in der Lage sein, seine Hunde gut abzurufen, um unerwünschte Aufnahmen zu verhindern. Und bestenfalls auch größere Futterstücke ausgeben zu lassen, die der eigene Hunde bereits ins Maul genommen hat. Solche Vorgänge können trainiert werden. Ungeeignet in solchen Fällen ist sowohl ein panisches als auch ein gezieltes Anschreien seines Hundes: er wird den Abstand zu seinem Besitzer in der Regel vergrößern und das Futterstück noch schneller verschlingen. Dadurch lernt er ein zu dem gewünschten völlig konträres Verhalten. Trainiert wird mit unbedenklichen Futterstücken. Dabei wird der Hund bei der Ausgabe mit noch attraktiveren Leckerlis belohnt. Es lohnt sich für ihn somit stets, das gefundene Stück auszugeben. Ist man auf einem Spaziergang und hat kein besonderes Leckerli zur Hand, so erhält der Hund das gefundene Stück nach genauerer Begutachtung und Feststellung der Unbedenklichkeit zumindest zurück. In den Fällen, in denen das nicht möglich ist (mein Hund hat einmal eine ganze ungeöffnete große Tafel (200g) Milka-Schokolade gefunden), kann man ihm lediglich ein kleines Stückchen reichen und/oder anderweitig belohnen: durch Lob, eine Streicheleinheit oder Spiel, je nachdem was für ihn besonders hochwertig ist.
Verhalten im Notfall

Bei Metallködern muss sofort ein Nottierarzt aufgesucht werden. Hier hilft leider nur eine Not-Operation, wobei auch im Erfolgsfall die Tiere kaum weiter wie bisher, also ohne Dauerschäden, leben können.
Bei Giftködern streiten sich die Geister: oft wird dringend davon abgeraten, den Hund selber zum Erbrechen zu bringen. Der Mageninhalt sei giftig. Es drohe außerdem Erstickungsgefahr. Andere Quellen empfehlen, so auch Dr. med. vet. Erich Ernst in seinem Buch "Hundekrankheiten", den Brechreiz durch Salz im warmen oder Senf im kalten Wasser auszulösen, sofern man nicht schnell genug zum Nottierarzt kommen kann und der Hund noch bei Kräften ist. Finger-in-den-Hals wie bei uns Menschen funktioniert bei Hunden nicht. Bei Notarzt wird der Brechreiz ausgelöst. Ist es dafür schon zu spät (nach einer Stunde ist das bereits der Fall), erfolgt eine Magen- und Darmspülung.
Als Gift kommen oft typische Rattengifte in Frage: ANTU, Kumarin, Strychnin und Thallium. Speziell bei Kumarin kann die Wirkung erst nach mehreren Tagen auftreten, damit Ratten, gewarnt durch einen schnellen Tod von Artgenossen, die Aufnahme des Giftes nicht verweigern und dieses somit effektiv eingesetzt werden kann. Gut für die Rattenbekämpfung, fatal jedoch für unsere Haustiere.
Sinnvoll ist es, genauso wie man Notrufnummern für uns Menschen ablegt, entsprechende Notrufnummern für die Hunde samt Adressen im Telefon und Handy zu speichern und ebenfalls irgendwo jederzeit griffbereit abzulegen. Lieber zwei als eine, denn nach Jahren, die bis zum Notfall vergehen können, kann eine Klinik/Praxis temporär oder dauerhaft geschlossen haben. Die entsprechenden Kontakte finden Sie für Ihren Ort recht schnell im Internet. Haben Sie solche Nummer bereits abgespeichert? Wenn nicht: tun Sie es jetzt! Im Notfall kostet die Suche wertvolle Minuten, die über Leben, Tod und die Schwere der Schädigung entscheiden können.
Erst dann sollten Sie an die anderen denken. Und eine Meldung zunächst bei Giftköderradar global und lokal vornehmen, einen Aushang an der möglichen Aufnahmestelle machen sowie eine Anzeige bei der Polizei machen.
Tipp: Über die Suchfunktion unter http://www.tierklinik.de/notdienstsuche kann ein Standort eingegeben und nach Notdiensten in der eigenen Umgebung gesucht werden. Es ist sinnvoll, diesen Link im Smartphone zu speichern, falls Sie mal einen Notfalldienst benötigen, wenn sie außerhalb Ihres Wohnorts unterwegs sind.
Eine Checkliste:
Nach der Feststellung einer Aufnahme
- Keine Panik. Auch Ihrem Hund schadet nun jegliche Aufregung.
- Sofort den Notarzt anrufen und feststellen, ob die Klinik geöffnet ist.
- Stelle sichern, Reste aufnehmen, damit kein weiteres Tier geschädigt wird.
- Alles mitnehmen, was dem Arzt helfen kann: Giftverpackung, Giftreste.
- Hund ggf., falls (a) es sich vermutlich um eine Giftaufnahme handelt, (b) der Weg weit ist und (c) er noch bei Kräften ist, zum Erbrechen durch im Wasser aufgelöste Salz oder Senf bringen.
- Auf keinen Fall Maulschlaufe anlegen (Erstickungsgefahr beim Erbrechen) oder dem Hund erbrechen- oder durchfallhemmende Mittel verabreichen.
Nach dem Klinikaufenthalt
- Giftköderradar sowohl global als auch lokal informieren.
- Aushang in der Gegend machen, um andere zu warnen.
- Anzeige gegen Unbekannt erstatten.
Gesetzliche Lage

Wenn ein Hund von einem Giftköder frisst und entweder daran verstirbt oder schwere Verletzungen erleidet, gilt das vor dem Gesetz als Sachbeschädigung, § 303 StGB, denn auf Tiere sind gemäß § 90 a BGB die Vorschriften von Sachen anzuwenden. Zum anderen greift aber ebenfalls § 17 TierSchG, Tierquälerei.
Das Strafmaß von § 303 StGB reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Das Strafmaß von § 17 TierSchG reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Aber auch das bloße Auslegen von Giftködern steht unter Strafrecht, es gilt als "versuchte" Sachbeschädigung nach § 303 III StGB. In einem versuchten Fall ist die Strafe allerdings nach §§ 23, 49 StGB zu mildern. Hier tritt daher anstelle von einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren eine solche von sechs Monaten. Ebenso darf eine geringe Freiheitsstrafe durch eine Geldstrafe und die entsprechenden Tagessätze, die bei einer vollendeten Tat zuträfen ebenfalls bei einem Versuch um ein vielfaches gemildert werden.
Es bestehen strenge Bestimmungen, wann wie und wo Gift ausgelegt werden darf. Wenn Rattengift oder andere schädliche Substanzen zur Bekämpfung von Ungeziefer ausgelegt werden müssen, besteht eine Bekanntmachungspflicht gem. des Infektionsschutzgesetzes, in Verbindung mit den Verordnungen der Länder. Es gilt daher, direkt wenn ein Giftköder gefunden wurde, diesen bei der Polizei zu melden, auch wenn daraufhin nicht unbedingt eine Strafe folgt. Damit jeder Fall registriert und überprüft werden kann, ob gegen die Bestimmungen verstoßen wurde.
Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass auch unbedachte Kommentare in Foren und auf sozialen Plattformen wie "Den sollte man auch vergiften" oder "Fangt ihn, verbrennt ihn" von der Kriminalpolizei als Aufrufe zur Straftaten verfolgt und geahndet werden können. So ermittelte z.B. die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen etwa einhundert Unbekannte, weil sie zu einer solchen Straftat gegen einen offenbar psychisch kranken Tierquäler im Internet aufgerufen haben sollen.
Zum Schluss noch etwas Statistik. Die Quote der Anzeigen im Laufe der Jahre ist gestiegen. Daraufhin wurde 1998 das Höchststrafmaß von § 17 TierSchG von zwei auf drei Jahre erhöht. Allerdings wurden beispielsweise 2010 920 Fälle von Tierquälerei abgeurteilt, davon nur 698 Fälle verurteilt. Davon wiederum wurden 624 Fälle mit einer Geldstrafe abgebüßt und nur 50 Freiheitsstrafen ausgesprochen. Davon gerade einmal 3 nicht zur Bewährung ausgesetzt.
Es ist meist unmöglich die Täter zu fassen, da in der Regel, anders als bei den beiden obigen Fällen, niemand weiß, wer genau die Tiere geschädigt oder die Giftköder auslegt hat. In seltenen Fällen wird aber mehr als eine Geldstrafe ausgesprochen.
In einem Fall des Amtsgerichts Dillingen von 2006 hat ein 68 jähriger Mann den Hund seiner Nachbarin mit vergifteten Ködern gefüttert, welcher zwei Tage später qualvoll an inneren Blutungen verendete. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Sachbeschädigung und Tierquälerei. Der Mann wurde zu einer Geldstrafe von 6.000 € verurteilt.
Das Amtsgericht Betzdorf verurteilte einen jungen Mann, der einen Welpen aus falsch verstandenem Spaß mehrmals schlug, während dieser schrie, und dies als Video aufnahm, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, Nötigung und Bedrohung zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe. Der drogenabhängige Mann darf fünf Jahre lang keine Tiere halten und muss außerdem einen Entzug machen.
Deshalb ist es wichtig, dass jeder Fall angezeigt wird.
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Ich bedanke mich für die Unterstützung bei der Arbeit an diesem Artikel bei Natalie Bornemann, die in Ihrer Hundeschule "Top als Team" Antigiftköderkurse in Stuttgart anbietet sowie bei Frau Susan Beaucamp, Rechtsanwältin/Tieranwältin, die mit Ihrer Arbeit auch Hundetrainer in Sachen "Erlaubnis nach §11" unterstützt.
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